Page 61 - Volkswohl Fürth - 100 Jahre
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rung durch Hauszinssteuermittel gedacht, da  allenfalls auf vermehrten Eigenheimbau der
       dies nicht den nationalsozialistischen Vorstel-  Mittelschichten zurückzuführen.
       lungen mit dem Ziel einer sich selbsttragenden  Der Volkswohl-Geschäftsbericht 1934 hält
       Bauwirtschaft entsprochen hätte.       die ungünstigen Bedingungen fest: »[F]ast die
          Vor allem in den ersten Jahren des NS-  Hälfte aller erbauten Wohnungen sind Klein-
       Regimes stand die Förderung der Kleinhaus-  wohnungen, insbesonders ist das Einfamilien-
       siedlung, die auf Eigentumsbildung setzte, im  haus stark in den Vordergrund gerückt«,
       Mittelpunkt. Diese Idee, die bis in die Weima-  wohingegen »[d]er Anteil der gemeinnützigen
       rer Republik und teilweise noch weiter zurück-  Bauvereinigungen am Wohnhausbau […] von
       reicht, beherrschte bis etwa 1935 das Woh-  zwei der Drittel der fertiggestellten Wohnungen
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       nungsbaugeschehen, jetzt allerdings primär  im Jahre 1931 auf knapp  / im Jahre 1934
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       unter den rasse- und bevölkerungsideologi-  gesunken [ist]« . Nur mit Hilfe eines außer-
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       schen Gesichtspunkten der NS-Diktatur, als  ordentlichen Bauprogramms des bayerischen
       Wohnideal für »arische« Arbeiterfamilien, die  Staates waren 1934 und 1935 Neubauten
       außerhalb der in vielerlei Hinsicht als »schäd-  auf dem Grundstück Neumann-/Daniel-Ley-
       lich« geltenden Großstadt die Erneuerung der  /Schwabacher Straße möglich.
       Arbeits- und Wehrkraft des deutschen Volkes  Trotz der Favorisierung des Siedlungs- und
       voranbringen sollten.                  Kleinhausbaus, verbunden mit der Abkehr von
          Das noch am Ende der Weimarer Republik  großen Mietwohnungsprojekten, gerade in den
       in die Wege geleitete Volkswohl-Projekt der  ersten Jahren des NS-Regimes, konnte aus rein
       Stadtrandsiedlung in Oberfürberg, dessen neun  pragmatischen Erwägungen nicht auf den
       Doppelhäuser aber erst im Jahr 1933 bezugs-  Kleinwohnungsbau verzichtet werden. Das
       fertig waren, passte insofern ins wohnungspoli-  Siedlungsprogramm, das in seinen Ergebnissen
       tische Konzept der neuen Machthaber. Den-  weit hinter den Erwartungen zurückblieb, wür-
       noch konnte und wollte Volkswohl Vorhaben  de zur Deckung des Wohnungsbedarfs auf kei-
       dieser Art nicht weiter verfolgen, da sie nicht  nen Fall ausreichen, wie sich schon im Sommer
       dem Sinn und Zweck gemeinnütziger Bauver-  1935 in aller Deutlichkeit zeigte. Die unzurei-
       einigungen entsprachen.                chende Neubaupolitik hatte den Wohnungs-
          Der Anteil der mit öffentlicher Hilfe neu  mangel eklatant verschärft. Eine Wiederbele-
       errichteten Wohnungen reduzierte sich gegen-  bung des Mietwohnungsbaus erwies sich als
       über der Weimarer Zeit erheblich. Selbst das  unabdingbar, schon allein, um die für die
       Ausmaß der Förderung für den Kleinhausbau  immer stärker vorangetriebene Aufrüstung
       hielt sich, ganz im Gegensatz zu seiner propa-  benötigten Arbeiter in ausreichender Zahl
       gandistischen Aufwertung, quantitativ sehr in  nahe den Rüstungsbetrieben unterbringen zu
       Grenzen. Der Zuwachs an Neubauwohnungen  können.
       blieb infolgedessen äußerst gering und war
         60     Im Nationalsozialismus 1933–1945
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