Page 28 - Volkswohl Fürth - 100 Jahre
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Belastungen, die sich aus den Kriegsfolgen
                                                                             ergaben, ungehindert fortsetzte. Der Moment,
                                                                             als die während des Krieges noch mühsam ver-
                                                                             schleierte in eine immer ungezügeltere Inflati-
                                                                             on überzugehen begann, fiel genau mit dem
                                                                             Zeitpunkt der Volkswohl-Gründung 1920/21
                                                                             zusammen, was sich sogleich durch »das
                                                                             immerwährende Steigern aller Baumaterial-
                                                                             preise in recht unliebsamer Weise bemerkbar
                                                                             [machte]« 5  und jede Bautätigkeit ungemein
                                                                             erschwerte.
                                                                                Auch die Beschaffung von geeignetem Bau-
                                                                             grund gestaltete sich schwieriger als gedacht.
                                                                             Von vornherein herrschte jedoch Einigkeit
                                                                             darüber, sich in der aufstrebenden Südstadt
                                                                             niederzulassen, wo auf den riesigen, noch
                                                                             unbebauten Flächen auch für die Zukunft noch
                                                                             reichlich Entfaltungsmöglichkeiten gegeben
                                                                             waren. Des Weiteren ist davon auszugehen,
                  Teilansicht der ersten  gen des Krieges waren noch allenthalben zu  dass viele Mitglieder der ersten Stunde dort
                  beiden Baublocks mit  spüren. Sie reichten von einem Mangel an All-  auch beruflich tätig waren. In der Südstadt
                  den Häusern Ludwig-  tagsgütern sowie Roh- und Ersatzstoffen bis  waren zahlreiche große Fabriken ansässig, wie
                  straße 94 (links) und  hin zu veralteten und verschlissenen Produkti-  die Glasschleiferei Wiederer & Co., die Möbel-
                  Erhard-Segitz-Straße 21  onsmaschinen und -geräten. Die harten Bedin-  werkstätte Georg Wunderlich oder die Bunt-
                  und 23, die 1925 entstan-  gungen, die dem Deutschen Reich mit dem am  und Metallpapierfabrik Wilhelm Stern & Co.,
                                      28. Juni 1919 geschlossenen Friedensvertrag  um nur einige Beispiele zu nennen. Andere
                  den. Fotografie 1925.
                                      von Versailles durch die alliierten Siegermäch-  arbeiteten bei der Bahn oder im Gaswerk, das
                                      te auferlegt wurden, zu denen auch die Ver-  seine Produktion 1906 von der Theresien- in
                                      pflichtung zu beträchtlichen Reparationsleis-  die Leyher Straße verlegt hatte. In einer Zeit
                                      tungen zur Wiedergutmachung der verursach-  ohne gut ausgebauten öffentlichen Nahver-
                                      ten Kriegsschäden und -verluste zählte,  kehr, in der Kraftfahrzeuge noch Seltenheits-
                                      verschlimmerten die Lage zusätzlich. Hinzu  wert besaßen, bildete die räumliche Nähe des
                                      kam eine fortschreitende Geldentwertung, die  Wohnsitzes zum Arbeitsplatz einen nicht zu
                                      ebenfalls bereits im Krieg ihren Anfang genom-  unterschätzenden Faktor. Doch es dauerte bis
                                      men hatte und sich zu Beginn der Weimarer  zum Mai 1921, als nach langwierigen Verhand-
                                      Zeit aufgrund der ungeheuren finanziellen  lungen endlich von der Stadt Fürth das erste
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