Page 123 - Volkswohl Fürth - 100 Jahre
P. 123
dieses Projekt in Eigenbesitz verwalten zu kön- Erschwerend trat der Umstand hinzu, dass 1952 erwarb die Bau- und
nen, um es auf genossenschaftlicher Basis wei- sich die Stadt Fürth gleichfalls von Beginn an Siedlungsgenossenschaft
ter ausgestelten [!] zu können, und darüber um käuflichen Erwerb oder zumindest um Ein- Baugrund im Norden Fürths
hinaus noch weiter bei der Wohnraumbeschaf- räumung eines Erbbaurechts bemühte und zeit- und errichtete 1954/55 auf
fung für Heimatvertriebene wirksam zu wer- weise gegenüber der Oberfinanzdirektion sogar einem Areal an der Schul-,
den.« 19 Zweifel hinsichtlich der Liquidität und organi- Flur- und Frühlingstraße
Die Hoffnung auf eine unentgeltliche Über- satorischen Fähigkeiten der Bau- und Sied- in fünf Häusern ihre ersten
eignung des Areals samt Wohngebäuden zer- lungsgenossenschaft äußerte. eigenen 45 Wohnungen.
schlug sich jedoch umgehend. Gegen einen Auszuhandeln war auch, in welchem Ein kleiner Konsumladen
Erwerb an sich äußerte das Bundesfinanzmi- Umfang die Stadt Fürth von ihr für den Umbau in der Frühlingstraße stellte
nisterium keine Bedenken, erteilte aber einer investierte Mittel von der Genossenschaft die Versorgung der Bewoh-
kostenlosen Übertragung aus haushaltsrechtli- zurückfordern könne. Schwierigkeiten bereite- ner mit Lebensmitteln
chen Gründen und um keinen Präzedenzfall zu te in diesem Zusammenhang auch die Frage sicher. Das Sgrafitto einer
schaffen eine klare Absage. Schäffer sprach der Sicherung ihrerseits zu diesem Zweck auf- Flüchtlings-Kleinfamilie hat
sich jedoch dafür aus, der Genossenschaft ein genommener Darlehen. sich leider nicht erhalten.
Erbbaurecht für 99 Jahre einzuräumen, aller- Obwohl die Genossenschaft frühzeitig
Fotografie 1955.
dings müssten zuvor erst »die Rechtsverhält- zusagte, sämtliche aus der Darlehensgewäh-
nisse am früheren Reichsvermögen endgültig rung entstandenen Verpflichtungen zu über-
20
geregelt« werden. nehmen, harrte die Angelegenheit auch Jahre
Obwohl eine Einigung mehrmals kurz nach der ersten Anfrage immer noch einer Ent-
bevorzustehen schien, sollten zum Leidwesen scheidung. Zeitweilig mussten die Siedlerinnen
der Bau- und Siedlungsgenossenschaft letztlich und Siedler sogar befürchten, ihre Behausun-
viele Jahre ins Land gehen, bis alle Fragen gen ganz zu verlieren. Die »Dienststelle Blank«
geklärt waren. Über Größe, Wert und die tat- im Bundeskanzleramt, die unter der Leitung
sächlichen Eigentumsverhältnisse der Liegen- des CDU-Bundestagsabgeordneten Theodor
schaft, von der sich ein Teil noch in Privatbesitz Blank (1905–1972) seit Anfang der 1950er Jah-
befand, waren immer wieder aufs Neue kom- re mit Planung und Aufbau eines Verteidi-
plizierte Verhandlungen mit wechselnden gungsministerium sowie einer Wiederbewaff-
Ansprechpartnern zu führen, ein Umstand, der nung Deutschlands befasst war, behielt sich
sich keineswegs günstig auf die Situation der »das ehem. Luftwaffenhelferinnenlager
Mieterinnen und Mieter auswirkte. »[W]egen zunächst für eine etwaige militärische Wieder-
der schwebenden Verhandlungen«, so klagte verwendung« 22 vor, wie die Oberfinanzdirekti-
Aufsichtsratsvorsitzender Josef Styber bei der on im Jahr 1955 anlässlich der Anfrage seitens
Generalversammlung 1954, »[lasse] die Stadt- der Stadt zum Ausbau einer Baracke als Schul-
verwaltung jetzt bereits nichts mehr in der turnhalle mitteilte. Erst im Frühjahr des folgen-
21
Siedlung richten« . den Jahres konnte die Genossenschaft aufat-
122 Heilstättensiedlung