Page 113 - Volkswohl Fürth - 100 Jahre
P. 113

verträge mit den einzelnen Mietern und Miete-                                  Blick von der Anhöhe im
       rinnen unterzeichnet werden mussten. Zwi-                                      Fürther Stadtwald über
       schen der Stadtgemeinde Fürth und der Genos-                                   die Siedlung in Richtung
       senschaft als Ganzes kam erst am 4. November                                   Oberfürberg. Fotografie
       1949 eine entsprechende Vereinbarung zum                                       1950er Jahre.
       Abschluss, mit der ihr die Verwaltung der Sied-
       lung übertragen sowie eine Aufwandsentschä-
       digung in Höhe von fünf Prozent der Mietein-
       nahmen zugesprochen wurde.
          Die ersten Wohnungen wurden jedoch  kleinen Zimmern, teilweise kam noch ein Vor-
       planmäßig fertiggestellt. Kurz vor Weihnachten  raum oder eine Vorratskammer hinzu. Die
       1948 zogen die ersten Mieterinnen und Mieter  sanitären Einrichtungen können nur äußerst
       in die Jakob-Böhme-Straße ein. Sie war eine  bescheiden genannt werden. Badezimmer gab
       von mehreren neu benannten Straßen, die das  es nicht. Jeder Wohnung war zwar eine eigene
       entstehende Wohnviertel durchzogen, neben  Toilette zugedacht, diese befand sich jedoch
       der Paul-Keller- und der Adalbert-Stifter-Stra-  außerhalb der abgeschlossenen Wohneinheit
       ße. Die schlesische beziehungsweise böhmi-  auf dem Hausflur. Zudem erlaubten die Gege-
       sche Herkunft der Namensgeber sollte auf die  benheiten der Kanalisation keinen Einbau von
       Regionen verweisen, aus denen ein überwie-  Spülklosetts, weswegen nur Trockenaborte mit
       gender Teil der neuen Bewohnerinnen und  regelmäßig zu entleerenden Sickergruben
       Bewohner stammte.                      infrage kamen.
          Zug um Zug wurden die übrigen Baracken  Dennoch bedeutete der Einzug in die Bara-
       ausgebaut. Ein Jahr nach Übertragung des  ckenwohnungen einen Gewinn für die Vertrie-
       Geländes waren neunzig Wohneinheiten   benen, die vorher unter weitaus schlechteren
       bezugsfertig, um die Jahresmitte 1950 waren  Bedingungen gelebt hatten. Ein Antrag der
       die Arbeiten abgeschlossen und etwa 250  Bau- und Siedlungsgenossenschaft auf Zuwei-
       Familien untergebracht. Als Miete wurden pro  sung von Wohnungen in der Heilstättensied-
       Quadratmeter und Jahr sieben DM veran-  lung für verschiedene Mitglieder vom Oktober
       schlagt.                               1949 verdeutlicht dies. Danach mussten mehr-
          Die Ausstattung der Wohneinheiten war,  köpfige Familien häufig in einem einzigen
       wie unter den herrschenden Umständen nicht  Raum hausen, zum Beispiel lebten bis zu fünf
       anders zu erwarten, ausgesprochen schlicht.  Personen auf nur 15 Quadratmetern oder zwei
       Sie maßen zwischen 30 und 60 Quadratmetern  Erwachsene mit Kind auf gerade einmal sieben
       und bestanden aus einer Wohnküche, die mit  beziehungsweise acht Quadratmetern, wenn
       Wasserhahn und Ausguss sowie einem Herd  sie nicht ohnehin wohnungslos waren und im
       versehen war, daneben ein bis zwei weiteren  Obdachlosenheim Quartier nehmen mussten.
         112    Heilstättensiedlung
   108   109   110   111   112   113   114   115   116   117   118