Page 114 - Volkswohl Fürth - 100 Jahre
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Leben im neuen Zuhause

                                                                                Von Beginn an stand fest, dass ein eigenes
                                                                             Schulgebäude wegen der weiten Entfernung zu
                                                                             einer der bestehenden Fürther Schulen unver-
                                                                             zichtbar war, zumal die dort vorhandenen
                                                                             Plätze keinesfalls ausreichen würden, um die
                                                                             Kinder von über 200 zugezogenen Familien
                                                                             aufzunehmen. Parallel mit dem Ausbau der
                                                                             Baracken liefen daher im Frühjahr 1949 Pla-
                                                                             nungen für ein Schulhaus an. Eine der Bara-
                                                                             cken, die ehemalige Mannschaftskantine, bot
                                                                             sich bestens für den Zweck an, eine fünfklassi-
                                                                             ge Schule unterzubringen. Die Kosten für den
                                                                             erforderlichen Um- und Ausbau lagen mit
                                                                             64.000 DM um mehr als die Hälfte unter dem,
                  Posaunenchor und    Die Aussicht, eine Wohnung von 30, 40 oder  was für einen Neubau zu veranschlagen gewe-
                  Anwohner vor der Gast-  50 Quadratmetern zu beziehen, die überdies  sen wäre, obwohl sogar mehrere Innovationen
                  stätte »Zur Heimat«.  nicht mit fremden Menschen zu teilen war,  eingeführt wurden, die bald auch in anderen
                  Fotografie 1950er Jahre.  stellte eine unschätzbare Verbesserung der  Schulen Verwendung fanden, wie gummierte
                                      Lebensqualität dar. So ist es sicher keine Über-  Fußböden oder moderne Schülertische. Nicht
                                      treibung, wenn die Bau- und Siedlungsgenos-  nur Flüchtlingskinder wurden dort unterrich-
                                      senschaft 1950 von den nach knapp zweijähri-  tet, auch Kinder aus nahe gelegenen Bauernhö-
                                      ger Arbeit eben vollendeten Behausungen als  fen konnten aufgenommen werden, deren
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                                      »wirklich schönen Wohnungen« spricht und  Schulweg sich dadurch um einiges verkürzte.
                                      für die ganze Anlage nur lobende Worte fand:  In der Lehrerschaft waren auch einige der
                                      »Aus diesen ehemaligen Wehrmachtsbaracken  Neubürgerinnen und Neubürger vertreten.
                                      ist zur Freude einer grossen Zahl von Flücht-  Am 4. Februar 1950 fand die feierliche Ein-
                                      lingen ein ansprechendes Siedlungsdorf gewor-  weihung der Bildungsstätte, die den Namen
                                      den.« 8  Das äußere Erscheinungsbild wurde  Adalbert-Stifter-Schule erhielt, in Anwesenheit
                                      zusätzlich durch die Zier- und Nutzgärten auf-  mehrerer Ehrengäste statt, darunter der High
                                      gewertet, die die Mieter eigenhändig zwischen  Commissioner von Bayern, Clearence M.
                                      den Wohnblöcken angelegt hatten. Darüber  Bolds, und Resident Officer Charles M. Eme-
                                      hinaus erleichterten und verbesserten verschie-  rick als Vertreter der alliierten Besatzungsbe-
                                      dene Einrichtungen für die Allgemeinheit den  hörde. Diese besichtigten bei dieser Gelegen-
                                      Alltag in der Siedlung.                heit auch den Kindergarten, der einen Monat
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